Potenzial für den Garten- und Landschaftsbau: Wie die Integration von Einwanderern gelingen kann
Clara Jung studiert im 7. Semester Gartenbau an der Hochschule in Geisenheim. Im Rahmen ihrer Seminararbeit „Integration von Geflüchteten und Migrant*innen in den grünen Arbeitsmarkt“ kooperierte sie in den vergangenen Wochen mit Susann Liebe, Willkommenslotsin beim Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Bayern e. V. (VGL Bayern). Den beiden Frauen ist es ein großes Anliegen, den Garten- und Landschaftsbau nicht nur als attraktive gärtnerische Fachrichtung zu positionieren, sondern auch Betriebe mit Fachkräften zu unterstützen, einschließlich Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund.
Clara Jung liegt die Integration von Einwanderern schon seit Langem am Herzen. Bereits vor ihrem Studium engagierte sich die gebürtige Münchnerin aktiv in der Geflüchtetenhilfe. Gemeinsam mit zwei Freundinnen unterrichtete sie überwiegend junge Männer aus Eritrea in Deutsch. „Diese Tätigkeit zeigte mir, wie bedeutsam Sprachkenntnisse für Geflüchtete sind. Sie erhalten damit Zugang zum Arbeitsmarkt und können soziale Kontakte knüpfen“, erläutert Jung. Im folgenden Text sind die wesentlichen Inhalte ihrer Seminararbeit zusammengefasst:
Der Fach- und Arbeitskräftemangel ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit und wird viele Branchen in Deutschland, einschließlich des Garten- und Landschaftsbaus (GaLaBau), langfristig betreffen. Um den Klimawandel zu bewältigen, ist der Ausbau der blau-grünen Infrastruktur in urbanen und ländlichen Räumen unerlässlich – und erfordert viele helfende Hände. Ein bislang kaum ausgeschöpftes Potenzial ist der Zuzug von Personen aus dem Ausland, einschließlich Geflüchteter. Professionelle Hilfestellungen und attraktive Berufsperspektiven sind entscheidend für ihre erfolgreiche Integration in den Arbeitsmarkt.
Maßnahmen zur Integration
Seit 2015 wurden zahlreiche Initiativen zur Förderung der Ausbildungs- und Arbeitsmarktintegration auf Bundes- und Landesebene gestartet. Eine bedeutende Maßnahme ist das Programm Unterstützung von Unternehmen bei der passgenauen Besetzung von Ausbildungsplätzen mit Jugendlichen aus dem Inland, Ausland oder mit Fluchthintergrund (Passgenaue Besetzung und Willkommenslotsen). Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) ermutigt damit kleine und mittlere Unternehmen, offene Ausbildungsstellen mit geeigneten Bewerbern zu besetzen und deren berufliche Eingliederung zu erleichtern. Ein zentraler Bestandteil des Programms ist die individuelle Betreuung der jungen Frauen und Männer durch spezialisierte Experten, auch
Willkommenslotsen genannt. Diese arbeiten bundesweit bei Kammern, Verbänden sowie anderen Wirtschaftsorganisationen und bieten ihre Dienstleistungen kostenfrei an.
Wichtige Schnittstelle bei der Integration: Willkommenslotsin Susann Liebe
Susann Liebe, seit 2017 als Willkommenslotsin für den VGL Bayern tätig, ist eine zentrale Schnittstelle zwischen Fachbetrieben und Geflüchteten sowie Bewerbern aus dem Ausland. Ihre Aufgaben umfassen die eingehende Beratung von Unternehmen bei ihrer Suche nach einer passgenauen Stellenbesetzung, beispielsweise zu bürokratischen Angelegenheiten, rechtlichen Fragen, Aufenthaltsstatus und Anerkennungsverfahren. Gleichzeitig hilft Liebe den aufgeschlossenen Kandidaten bei der Jobsuche, der Anerkennung ihrer Qualifikationen, organisiert Praktika und bietet Orientierung im Arbeitsalltag. Zudem baut die studierte Landschaftsarchitektin ihr Netzwerk aus Unternehmen, Sprachschulen und Behörden kontinuierlich aus, um eine ganzheitliche Betreuung zu gewährleisten. „Der Kontakt zu Menschen aus unterschiedlichen Herkunftsländern ist für mich besonders bereichernd. Ihre kulturelle Vielfalt macht meine Arbeit spannend und eröffnet ständig neue Themenfelder“, betont Liebe.
Erfolgsgeschichte: Sam Diatara aus dem Senegal
Sam Diatara, der elf Jahre als Polsterer im Senegal arbeitete, fand in Deutschland keine Möglichkeit, seinen Beruf auszuüben. Die Willkommenslotsin des VGL Bayern erkannte das Potenzial von Diatara für den GaLaBau, nachdem sie von seiner Vorerfahrung in einem Gewächshaus in Griechenland erfuhr. Liebe unterstützte ihn bei der Suche nach einem geeigneten Ausbildungsplatz. Bei der Gartenbau Hiebler OHG in Taufkirchen bei München wurde sie fündig und begleitete ihn durch die notwendigen Formalitäten. Der Weg durch die Ausbildung war nicht einfach für den Senegalesen: Diatara sprach anfangs nur wenig Deutsch und hatte Schwierigkeiten, dem Unterricht zu folgen. Doch mit zusätzlichem Nachhilfeunterricht und der Unterstützung seiner Mitschülerinnen und Mitschüler schaffte er es, die Ausbildung im zweiten Anlauf erfolgreich abzuschließen.
Die Geschäftsführer Christian und Josef Hiebler schätzen die Einsatzbereitschaft und das Talent von Diatara und haben ihn nach dem Ausbildungsabschluss im Juli 2023 fest eingestellt. Er ist jedoch nicht nur gelernter Landschaftsgärtner, sondern auch ein engagierter Botschafter für die Branche. Beispielsweise nahm er an der TikTok-Kampagne des Bundesverbands Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e. V. zur Fachkräftegewinnung teil, um seine positiven Erfahrungen mit anderen Menschen zu teilen und sie zu ermutigen, im GaLaBau Fuß zu fassen.
Win-win-Situation für alle Beteiligten
Das Beispiel verdeutlicht, dass eine gelungene Ausbildungsplatzvermittlung und ein erfolgreicher Berufsabschluss vielfältige Vorteile für alle Beteiligten mit sich bringen. Unternehmen gewinnen dringend benötigte Fachkräfte, bringen neue Perspektiven in bestehende Teams ein und stärken ihre interkulturellen Kompetenzen. Für Geflüchtete, Migrantinnen und Migranten eröffnet die berufliche Integration die Aussicht, wirtschaftliche Unabhängigkeit zu erlangen, ihre Qualifikationen einzusetzen und eine stabile Lebensgrundlage aufzubauen. Die Gesellschaft profitiert ebenfalls von einer besseren sozialen Eingliederung, dem Abbau von Vorurteilen und der Stärkung des sozialen Zusammenhalts.